Analyse: Mozilla muss abspecken

Mozilla muss abspecken
Logo: Mozilla

Mozilla gab kürzlich bekannt, dass die Stiftung sich gezwungen sieht, 250 Mitarbeiter zu entlassen, was rund einem Viertel der Belegschaft entspricht. Als Gründe werden neben Corona der sinkende Marktanteil und somit sinkende Einnahmen aus dem Suchmaschinendeal hauptsächlich mit Google angeführt. Der Blogger Cal Paterson hat Mozillas derzeitige Situation analysiert.

Unkosten zu hoch

Dabei legt er die Maßstäbe an, die üblicherweise an NGOs (Nichtregierungsorganisationen) angelegt werden. Paterson schaut sich die drei Komplexe Unkosten, Ethik und Resultate an. NGOs werden generell gerne daran gemessen, wie das Verhältnis der administrativen Kosten zu dem Anteil ist, der in die eigentliche Mission fließt. Und da steht Mozilla mit 30 Prozent Kosten für die Administration ganz schlecht da. Charity Navigator, eine Organisation, die die Effektivität von NGOs bewertet, vergibt dafür 0 von möglichen 10 Punkten. Die volle Punktzahl erhalten Organisationen mit maximal 15 Prozent Unkosten für die Administration.

Keine finanzielle Grundlage

Mozilla hat in den letzten Jahren jeweils gut über eine halbe Milliarde US-Dollar an Einnahmen verzeichnet. Für 2017 weist der Finanzbericht 607.269 US-Dollar aus, 2018 waren es 622.743 Dollar. Anstatt mit diesen Einnahmen über die Jahre eine solide finanzielle Grundlage zu schaffen, lebte Mozilla anscheinend von der Hand in den Mund und erhöhte dabei das Gehalt der Vorstandsvorsitzenden Mitchell Baker in den letzten fünf Jahren um mehr als das Doppelte auf 2.4 Millionen US-Dollar im Jahr.

Marktanteil Firefox gegen Gehalt der Vorstandsvorsitzenden | Quelle: Cal Paterson

Leistungsgerechte Bezahlung?

Das dies nicht leistungsgerecht sein kann beweist der Marktanteil von Firefox, dem Hauptprojekt der Foundation. Der fiel innerhalb der letzten 10 Jahre von rund 30 Prozent auf derzeit gerade noch 4 Prozent. Anstatt sich auf sein Hauptprodukt zu konzentrieren und den freien Fall abzubremsen, wurden unter dem Motto »Beyond the Browser« zahlreiche Nebenprojekte wie der Kauf von Pocket für 25 Millionen US-Dollar gestartet in der Hoffnung, unabhängiger von den Tantiemen von Google zu werden. Das hat offensichtlich nicht geklappt.

Ein weiteres Manko sieht Paterson beim Marketing. Als Beispiel führt er den mobilen Firefox an, der in der Bedeutungslosigkeit von weniger als einem halben Prozent Marktanteil dahindümpelt. Dabei kann der mobile Firefox sogar Erweiterungen installieren, was bei mobilen Browsern eher unüblich ist.

Ethische Bedenken

Ein ethisches Problem sieht der Blogger in der Tatsache, dass Mozilla weit über 90 Prozent seiner Einnahmen von Google bezieht. Der Suchmaschinenriese verdient damit viel Geld über sein Werbenetzwerk, das Nutzer weitgehend ohne deren Zustimmung im Netz verfolgt. In der Tatsache, dass Mozilla erst recht spät nach Apple und dem Brave-Browser den Schutz der Privatsphäre in Firefox einführte, kann man durchaus das Ergebnis eines Interessenkonflikts sehen.

Auch den neuen VPN-Dienst, mit dem Mozilla Einnahmen generieren will, sieht Paterson als ethisch fragwürdig an, da ein VPN nicht wirklich vor Tracking schützt. Er stellte fest, dass er selbst bei Nutzung des Mozilla VPN per Fingerprinting verfolgbar war, da Firefox nicht effektiv genug gegen Fingerprinting vorgehe. Hierbei kam das Tool Panopticlick der EFF zum Einsatz.

Derzeitiges Modell chancenlos

Paterson betont, er sei Firefox-Anwender und er wünsche sich, dass Mozilla Erfolg hat, sieht dafür aber mit dem derzeitigen Modell wenig Chancen. Als eine mögliche Alternative schlägt er vor, die Anwender um Geld zu bitten, was bei anderen Projekten in Geldnöten bereits erfolgreich erprobt worden sei, wie etwa bei der britischen Zeitung The Guardian. Allerdings verdiene der Vorstandsvorsitzende dort auch nur 360.000 Pfund im Jahr.

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