Linux 2020 – das Jahr im Rückblick

April

Der April brachte gleich mehrere neue Versionen großer Distributionen. Fedora 32 führte EarlyOOM für eine besser kontrollierte Speichernutzung und die standardmäßige Aktivierung von TRIM für SSDs ein. Python 2 verschwand dagegen inklusive aller Abhängigkeiten aus der Distribution. Canonical schickte mit Ubuntu 20.04 LTS »Focal Fossa« eine neue Version des Betriebssystems mit Langzeitunterstützung ins Rennen. Wie üblich bei LTS-Versionen hielten sich die Änderungen in Grenzen und waren hauptsächlich kosmetischer Natur. Flatpak wird mit 20.04 Bürger zweiter Klasse, Snap wird weiter gepushed.

Die Manjaro-Entwickler brachten Manjaro 20.0 »Lysia« auf den Weg. auch hier gab es außer Aktualisierungen beim Paketbestand und den Desktops wenig zu berichten. Vom Desktop abgewendet hat sich im April dagegen Intels Referenz-Distribution Clear Linux. Der Fokus wurde wieder, wie in den Anfangstagen der Distribution auf Cloud- und Server-Workloads verlegt. GNOME bleibt als Desktop im Angebot, erfährt aber wenig Aufmerksamkeit.

Clear Linux
Intels Referenz-Distribution Clear Linux zieht sich vom Desktop zurück

Negative Schlagzeilen machte im April The Qt Company durch die zunehmende Distanzierung von KDE und seiner Community. Bereits im Januar wurde bekannt, dass ab Qt 5.15 langfristig unterstützte Versionen (LTS) und das Offline-Installationsprogramm von Qt nur noch für kommerzielle Lizenznehmer verfügbar sein werden. Nun legte das Unternehmen nach und erklärte, die Corona-Pandemie zwinge dazu, kurzfristig mehr Umsatz zu generieren und deshalb seien künftig alle Qt-Veröffentlichungen für 12 Monate nur kommerziellen Lizenznehmern zugänglich. Bisher gab es dazu keine Entwarnung.

Mai

Alles neu macht der Mai? Mitnichten. Im Mai erklärten die Macher der beliebten Plattform Pro Linux, dass das Newsblog zum 1. Juni nach 23 Jahren schließen werde. Die Enttäuschung in der Community war riesegroß, viele Leser hatten das Blog seit den Anfangstagen verfolgt. Aber es gab auch Verständnis, das nach 23 Jahren die Luft raus ist und es Zeit für etwas anderes wird. Für mich endeten mit der Schließung acht Jahre fast täglicher Berichterstattung über Linux und Open Source. Außerdem noch: die neue Regierungskoalition in München aus SPD und Grünen bekennen sich im Koalitionsvertrag zu Public Money? Public Code!. Da werde ich im neuen Jahr auf alle Fälle nachhaken.

Juni

Gleich am ersten Tag im Juni hat Linus Torvalds Linux 5.7 freigegeben. Darin wird unter anderem exFAT durch Samsungs sdfat ersetzt. Nextcloud 19 bewirbt sich angesichts der Pandemie als Home-Office-Lösung, während Lenovo sein Linux-Angebot ausweitet und unterstützende Kernel-Patches ankündigt. Außerdem erblickt Devuan 3.0 »Beowulf« systemd-los das Licht der Welt. Plasma 5.19 bringt neue Widgets.

Im Juni begannen unter anderem auch Open-Source-Projekte damit, ihren Code nach politisch unkorrekten Bezeichnungen wie Master und Slave zu durchforsten und diese medienwirksam umzubenennen. Im Juli entfernt auch der Kernel die beiden Begriffe. Was ich davon halte, ist in einem Meinungsbeitrag nachzulesen. Linux Mint 20 wurde veröffentlicht. Fedora begann über Btrfs als Standard zu diskutieren und ein Script von Martin Wimpress lässt Ubuntu rollen.

Juli

Im Juli kündige Ikey Doherty ein innovatives Betriebssystem namens Serpent OS an. Dazu soll es in nächster Zeit ein erstes Alpha-Image mit Plasma als Desktop geben. OpenSUSE Leap 15.2 ist fertig, MX-19.2 erscheint erstmals mit Plasma-Desktop. Mit dem RC der LibreOffice »Personal Edition« 7.0 bricht ein Streit vom Zaun, der aufzeigt, dass es in der Dokument Foundation Streit um die Außendarstellung des Projekts gibt. Noch vor Monatsende macht die TDF zunächst einen Rückzieher. Mitbegründer Michael Meeks sieht ein paar Tage später das Entwicklungsmodell von LibreOffice in Gefahr.

Eine gute Nachricht zur Monatsmitte ist, dass zur weiteren Umsetzung der Open-Source-Cloud-Strategie Project Phoenix des IT-Anbieter Dataport der freie Matrix-Client Element für 500.000 Benutzer in öffentlichen Ämtern und Bildungseinrichtungen in den Bundesländern Schleswig-Holstein und Hamburg ausgerollt werden soll. Thunderbird 78 macht ebenfalls im Juli die Erweiterung Enigmail zum Signieren und Verschlüsseln von E-Mails überflüssig, da künftig OpenPGP fester Bestandteil von Thunderbird ist.

Teilt den Beitrag, falls ihr mögt

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
6 Kommentare
Most Voted
Newest Oldest
Inline Feedbacks
View all comments