Erfahrungsberichte: Meine Reise mit Linux von Rayson

Interessanterweise weist meine Reise einige Parallelen zu der von Ferdinand auf. Doch gibt es auch einige wesentliche Unterschiede. Der wichtigste ist: Linux geriet nie in “Gefahr”, in irgendeiner Form Teil meines Jobs zu werden. Sein Einsatz war und ist immer auf den Privatbereich beschränkt. Im Beruf selbst geht es jetzt weniger um das Betriebssystem als vielmehr um die Programme, die darauf zur Verfügung stehen, und da waren und sind MS Excel und MS Access meist unverzichtbare Bestandteile. Und nein, LibreOffice Calc kann Excel in dem Umfeld, in dem ich es beruflich einsetze, nicht das Wasser reichen.

Meine Reise begann aus reiner Neugier. Ich machte, es muss 1998 gewesen sein, auf der Festplatte meines PCs Platz für eine S.u.S.E.-Installation. Das Besondere an dieser Version war, dass eine Art Office-Suite mitgeliefert wurde. Wenn mich die Erinnerung nicht täuscht, war das Applixware, und man brauchte einen Motif-Fenstermanager dazu. Lange Rede, kurzer Sinn: Das Ganze erwies sich als derart unpraktisch, dass ich es sehr schnell ignorierte. Einige Jahre später kam ich dann tatsächlich auch über Knoppix zu Kanotix, und dann zu sidux.

Da war dann auch schon die Grundsatzentscheidung gefallen, sich privat weiter mit Linux zu befassen. Obwohl ich nach meiner C64-Zeit auch schon mit den ersten MSDOSen zu tun hatte, und obwohl ich an der Uni einen Schein gemacht hatte, der mir die Terminalnutzung am Großrechner und den Zugang zum Raum mit den IBM-PCs erlaubte, und schon von daher keine Probleme mit Kommandoumgebungen hatte und habe, ist aus meiner Sicht eine grafische Benutzeroberfläche für die meisten Tätigkeiten am Rechner viel bequemer und angenehmer. Und diese Distributionen boten alle welche an. Ich bin dann bei KDE hängen geblieben.

Warum ich Linux nutze? Es gibt mir viel mehr Kontrolle über meinen eigenen Rechner, und zumindest damals funktionierten einige Dinge wie z.B. ein simpler Internet-Zugang direkt über Router sogar einfacher als in Windows. Ich bekomme eine riesige Auswahl an Tools zur Verfügung gestellt, die alle zentral verwaltet werden, so dass für Updates nur vergleichsweise wenig Aufwand zu treiben ist.

Und unter reinen Sicherheitsaspekten ist das Nischendasein auf dem Desktop ein Vorteil, weil deswegen Aufwand und Ertrag der Entwicklung von Schädlingen in einem für die Bösewichte ziemlich ungünstigen Verhältnis stehen. Zumal unter den Nutzern von Linux der Prozentsatz derer, die sich der potenziellen Gefahrenquellen bewusst sind, deutlich höher sein dürfte. Will sagen: Viren und Trojaner für Linux – klar kann es die geben: Sie lohnen sich aber kaum. Hinzu kommt, dass die Scheunentore unter Windows lange sehr weit offen standen, und auch jetzt noch ist es für viele Privatnutzer bequemer (und wird ihnen leicht gemacht), als normaler Anwender permanent mit Admin-Rechten unterwegs zu sein.

Irgendwann zerhauten mir Updates hin und wieder mein sidux. Klar, SID. Deswegen war ich gar nicht unglücklich, als es mit Ubuntu los ging. Einige Zeit erfreute ich mich an der vergleichsweise unproblematischen Nutzung, aber dann regierte wieder die Neugier. Vielleicht doch wieder auf eine aktuellere Distribution umsteigen? Meine Wahl fiel auf Koroa, wobei es sich um ein “gepimptes” Fedora handelte. Das nutzte ich einige Zeit recht mit Enthusiasmus, aber dann ließ wohl derjenige der Koroa-Macher nach und es gab keine neuen Versionen mehr.

Also wenn schon auf dem Trip nach Neuem, warum dann nicht auf den Arch-Zug aufspringen? Rolling Release, immer das neueste Zeugs… Ich entschied mich schließlich für die vermeintlich sichere Variante Manjaro. Der Umgang mit AUR war zwar etwas gewöhnungsbedürftig, aber auf Dauer auch kein Problem. Dass nach einem der Updates die grafische Oberfläche nicht mehr starten wollte (egal, auf welchem Weg…), schon. Ich kehrte daraufhin reumütig zu (K)Ubuntu zurück und habe es seitdem keinen Tag bereut. Es tut einfach, was es soll, und die halbjährlichen Versionswechsel (was soll ich mit LTEs?) laufen bis jetzt auch reibungslos.

Sollte es damit aus irgendwelchen Gründen doch mal wieder knarzen (die Community ist so schnelllebig wie Schuttleworth unberechenbar), dann würde ich wohl Manjaro wieder eine Chance geben. Oder – back to the roots – wieder SuSE probieren. Aber eins ist im Moment nicht mehr denkbar: Dass mein Rechner zu Hause mit etwas anderem als Linux läuft. Für die wirklich schweren Fälle, die zum Glück immer seltener werden, gibt es notfalls Wine und VMs. Es war eine abwechslungsreiche Reise bis hierhin. Ob das finale Ziel bereits erreicht ist, vermag ich nicht zu sagen, aber an dieser Wegmarke sieht es schon mal gut aus.

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