Ubuntu rudert im Kreis

Ubuntu 18.04.1 LTS
Bild: Ubuntu White | Quelle scarface94 | Lizenz: CC BY-2.0

Aufgrund der massiven Kritik an der geplanten Entfernung der 32-Bit Plattform ab Ubuntu 19.10 im Oktober rudert Canonical nun im Kreis herum. Ubuntu-Entwickler Steve Langasek entschuldigt sich, wenn es Missverständnisse beim Thema 32-Bit gegeben habe. Die 32-Bit Plattform werde nicht fallen gelassen, sondern lediglich eingefroren.

Umdeutung

Dass es sich dabei schwerlich um ein Mißverständnis handelt, belegt schon die Überschrift der ursprünglichen Verlautbarung von Langasek an:

i386 architecture will be dropped starting with eoan (Ubuntu 19.10)

Was war passiert: Canonical hatte verkündet, die 32-Bit Plattform, beginnend mit Ubuntu 19.10 aus den Archiven zu entfernen. Anwender, die die Plattform brauchen, sollten darauf angewiesene Anwendungen in einem Container mit 18.04 laufen lassen oder eine virtuelle Maschine benutzen.

Kein gangbarer Weg

Das mag für einzelne Anwendungen funktionieren, die keine Umsetzung auf 64-Bit erfahren haben. Gamer werden sich damit kaum zufriedengeben. Und Nutzern von Wine zu empfehlen, in einer VirtualBox zunächst Ubuntu 18.04 und darin Wine zu installieren, um dann Windows-Anwendungen zu emulieren klingt auch nicht gerade so, als ob man sich damit Freunde machen könnte.

Ubuntu 32-Bit eingefroren

In der nun unterstützten Lesart sollen die 32-Bit Bibliotheken also nicht entfernt werden, sondern sie werden auf dem Stand von 18.04 LTS eingefroren, verharren also auf den alten Versionen. Darüber hinaus »habe man die Absicht, sicherzustellen, dass es eine klare Vorstellung davon gibt, wie betroffene Anwendungen inklusive Spielen auch nach 19.10 genutzt werden können«. Netter Satz, Herr Langasek.

But there is every intention to ensure that there is a clear story for how i386 applications (including games) can be run on versions of Ubuntu later than 19.10.

Im Klartext heißt das, dass einige Anwendungen, die ohne Updates nicht lange funktionieren werden, wie etwa Mesa, von Zeit zu Zeit aktualisiert werden sollen. Das wird aber für neue Hardware wie etwa aktuelle Grafikkarten nicht ausreichen, da diese bereits in 18.04 schlecht unterstützt werden.

Zusammenarbeit im Vorfeld

Es wäre sicherlich klug gewesen, vor einer solch weitreichenden Entscheidung und deren Verkündung enger mit den Entwicklern so wichtiger Anwendungen wie Wine und Steam zusammenzuarbeiten und nach tragbaren Lösungen zu suchen. Einem Gamer unter Ubuntu Container anzuempfehlen ist sicherlich keine solche Lösung.

Falscher Lösungsansatz

Offensichtlich hat das allgemeine Unverständnis bei Entwicklern von Wine und Steam sowie der betroffenen Anwender den Verantwortlichen bei Canonical klar gemacht, dass man hier eine Anwendergruppe abhängt, die im Netz eine lautstarke Lobby haben. Anstatt aber einzugestehen, dass man einen Fehler gemacht hat und voreilig gehandelt hat, kommt die Mär vom Missverständnis. Falsche Entscheidung.

Diese Umdeutung der Tatsachen wird die Anwender der betroffenen Anwendungen nicht milder stimmen. Im Endeffekt erscheint mir die neue Auslegung schlimmer als die eindeutige Entfernung der Plattform. Ein Lösungsweg wäre die Adaption von Debians Multiarch-Ansatz. Das würde allerdings bedeuten, man muss die 32-Bit Bibliotheken weiter pflegen.

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