Lange ist es nicht mehr hin bis zu Canonicals nächster Ubuntu-Version 22.10. Eine Beta-Version wird Ende September erwartet, die stabile Version soll am 20. Oktober 2022 erscheinen. Der Codename lautet »Kinetic Kudu«, ein Wallpaper dazu gibt es bisher nicht. Ubuntu 22.10 erhält neun Monate Support bis zum 20. Juli 2023.
Kernel 5.19?
Welcher Kernel mit Ubuntu 22.10 ausgeliefert wird, ist noch unklar. Nimmt man den zum Ubuntu-Release zuletzt veröffentlichten Kernel, so wäre das Linux 5.19. Bei den Daily Builds kommt derzeit noch 5.15 zum Zug. Kurz nach Veröffentlichung dieser News wurde Linux 5.19 in das Repository kinetic proposed verschoben und kommt somit bei 22.10 zum Einsatz. Linux 6.0 wird zwar Anfang Oktober erscheinen, aber die Zeit zum Anpassen und Testen war zu kurzDas am 21. September veröffentlichte GNOME 43 soll den Desktop stellen. Da Ubuntu aber einen angepassten GNOME-Desktop nutzt, reicht die Zeit vielleicht wie bei Ubuntu 22.04 mit GNOME 42 wieder nicht, um alle Neuerungen und Aktualisierungen umzusetzen. So werden viele Änderungen rund um GTK 4 und libadwaita erst mit 22.10 nachgeliefert.
PipeWire und IWD kommen
Die im Oktober erscheinenden Ubuntu-Versionen dienen oft zur Einführung neuer Techniken und experimenteller Funktionen. So auch diesmal: PipeWire wird den angestammten Platz des Sound-Servers von PulseAudio als Standard übernehmen, wie das bereits bei anderen Distributionen geschehen ist.
Des Weiteren wird beim WLAN der iNet Wireless Daemon (IWD) die Rolle des WPA_Supplicant (WPA) übernehmen. Dieser ist seit über zwanzig Jahren im Einsatz, ziemlich überfrachtet und schwierig zu warten. IWD arbeitet als Standalone, mit systemd-networkd, Connman oder NetworkManager. Es steht zu vermuten, dass Canonical hier die Implementierung in den NetworkManager wählt, um den Nutzern einen automatischen Übergang zu bieten. Die Vorteile von IWD habe ich bereits in einem älteren Artikel skizziert.
Auch die offiziellen Ubuntu-Varianten werden wie üblich ein neues Release erhalten. Dabei wird Kubuntu auf Plasma 5.25 setzen. Lubuntu kommt mit LXQt 1.1.0, während Xubuntu bei Xfce 4.16 verharrt. Ubuntu MATE wird vermutlich ebenfalls wie bei 22.04 mit MATE 1.24 veröffentlicht.

Geld verdient Canonical sowieso nur mit den LTS-Veröffentlichungen wie der 22.04 LTS. Wäre es da nicht sinnvoller wenn man diese Zwischenveröffentlichungen wie 22.10, 23.04, 23.10 weglässt und stattdessen daraus eine Rolling-Release-Distribution macht? Davon würden alle Nutzer profitieren.
Solche Überlegungen gab es bereits gelegentlich. Ich vermute, sie scheuen den Mehraufwand, zwei Linien zu fahren.
Diese Zwischenversionen (Interim releases) führen neue Funktionen von Canonical und Upstream-Open-Source-Projekten ein und dienen als Testgelände für diese neuen Funktionen. Viele Entwickler setzen diese Zwischenversionen ein, weil sie neuere Compiler oder Zugang zu neueren Kerneln und neueren Bibliotheken bieten, und sie werden oft innerhalb von Rapid-Devops-Prozessen wie CI/CD-Pipelines eingesetzt.
Für den Endverbraucher bedeutet das schlicht: Finger weg! 😉
Ich würde es auf jeden Fall begrüßen. Man muss ja auch bedenken, dass es ebenso ein Aufwand ist mehrere Zwischenversionen parallel zu pflegen (momentan 22.04, 21.10, 21.04 und 20.04). Ebenso könnte man durch das Rolling Release neue Nutzer gewinnen. (zB mich) Auch neue Technologien kann man dort natürlich ausprobieren. Anhand von OpenSUSE Tumbleweed, Arch Linux und Debian Testing/Sid sieht man, das Rolling Releases gut funktionieren können.
Canonical betreibt großen Aufwand in Rückportierungen und HWE Kernels. Alle 6 Monate nach dem 1. Point-release wird das LTS aktualisiert. Ihr vergesst das Ubuntu neben Redhat kommerziel in produktiven Umgebungen eingesetzt werden. Was versprecht ihr euch von einem Rolling Release, was für Vorteile erhofft ihr euch dadurch? Das erschliesst sich mir nicht. Und wie gut Bleeding Edge funktioniert, hat man ja gerade wieder bei glibc gesehen. Siehe: https://www.gamingonlinux.com/2022/08/valve-dev-understandably-not-happy-about-glibc-breaking-easy-anti-cheat-on-linux/ . Nutzt doch einfach Arch & Co. Viel spass und viel Glück 🙂
Zum Thema Rolling Release: Nutze ich seit 20 Jahren ausschließlich auf dem Desktop und kann mir nichts Besseres vorstellen (sidux, siduction).
Red Hat hat mittlerweile auch eine Rolling Release-Distribution (CentOS 9 Stream) und die ist stabiler als die meisten 6-Monate-Distributionen. Proprietäre Anti-Cheat-Systeme haben generell nichts auf meinem System zu suchen und sind für mich auch kein Maßstab für ein funktionsfähiges System. Ich bin Linux-Nutzer, aber zum Spielen habe ich eine Konsole (übrigens aus dem Hause Microsoft). Mein Arbeitssystem bleibt somit rein von jeglicher unsauberer Software wie Anti-Cheat-Systemen.
openSUSE Tumbleweed wird die besagte glibc 2.36 übrigens erst bereitstellen, sobald alle Build-Fehler behoben sind: https://dominique.leuenberger.net/blog/2022/08/opensuse-tumbleweed-review-of-the-week-2022-34/ Daran arbeitet man seit Wochen, mittlerweile sind alle behoben und nun geht es in die Testing-Phase. Wie du siehst, wird das Update erst bereitgestellt, wenn alle Probleme behoben sind. Auf proprietäre Software hat der Distributionsanbieter natürlich keinen Einfluss, hierfür gibt es aber mittlerweile die Möglichkeit von Flatpaks, Snaps und AppImages.
Es gibt ein RR Release auf Ubuntu Basis, nennt sich “Rolling Rhino Remix”. Hier auf den LN gibt es auch einen Artikel dazu: https://linuxnews.de/2022/07/ubuntu-rolling-rhino-remix-2022-07-01/
Die Projektseite ist hier zu finden: https://rollingrhino.org/
Ich habe da leider noch keine Erfahrung damit und kann dazu nichts konkretes berichten.
Grüße Sven
Diese Distro ist in der Tat interessant, aber ich hätte es gern original von Canonical. Bei solchen kleinen Distributionen weiß man nie ob der Entwickler nicht nächsten Monat oder so ähnlich aufhört. Auch braucht man für eine Rolling-Release-Distro eine größere Qualitätssicherung.
Diskutiert wurde bereits darüber, die Zwischenversionen wegfallen zu lassen. Das scheint aber nicht ganz so einfach zu sein. Mitlerweile dank Snap, Flatpak, Appimage, PPAs, HWE und aktuelle Nvidia-Treiber ist das alles obsolet geworden. Kleiner FunFact: Snap-Firefox läuft jetzt besser als die Flatpak Version ebenso VSCode 🙂