JingPad A1

Linux-Tablet JingPad A1 in Schwierigkeiten

Ich habe seit einigen Monaten ein JingPad A1 Linux-Tablet des chinesischen Herstellers JingLing Tech. Ein ausführlicher Leserbericht stellte das dem iPad nacheifernde Gerät bereits im November hier auf dem Blog vor. Während ich das Material für einen Artikel für die Zeitschrift LinuxUser sammelte, wurde ich Anfang Februar darauf aufmerksam gemacht, dass ein großer Teil der Entwickler und Supporter des JingPad A1 entlassen worden waren.

Ausverkauf

Kurz darauf begann der Ausverkauf, das Tablet war samt Stift und Tastaturcover für rund 500 anstatt 900 US-Dollar zu haben. Bei diesen Geräten war auch der Bootloader entsperrt, den man bis dahin mühsam mit per Mail aus China angefordertem Code entsperren musste. Das war für mich ein klares Zeichen, dass die Firma in Schwierigkeiten war, die, wie sich herausstellte, finanzieller Natur sind. Nachrichten gibt es so gut wie keine, man muss tief graben, um überhaupt etwas zu erfahren. Es scheint jedoch sehr fraglich, ob die Firma nochmals auf die Beine kommt. Der Shop ist mittlerweile geschlossen.

Migration zu Android

So weit, so schlecht. Es gibt für JingOS derzeit keine Updates mehr, was die Geräte in absehbarer Zeit ziemlich unbrauchbar macht. Zudem ist das Betriebssystem zum jetzigen Zeitpunkt noch unfertig. Seit einiger Zeit migrieren User bereits zu Android, wie man auf Telegram und Discord lesen kann. Doch nun gibt es auch für Linux-Fans gute Nachrichten.

Hoffnungsschimmer

Der Entwickler Alfred Neumayer aka »Codemaster Freders« von UBports hat Ubuntu Touch für das JingPad angepasst und in den UBports-Installer integriert. Besitzer eines JingPads aus der Lagerräumung mit offenem Bootloader haben es einfach, sie können Ubuntu Touch geführt per Installer auf dem JingPad installieren. Für Geräte mit gesperrtem Bootloader gibt es derzeit keinen offiziellen Weg, diesen zu entsperren, da entsprechende Mails nicht mehr beantwortet werden. Über Umwege gelingt dies aber doch. Wer vor dieser Situation steht, kann sich bei mir melden, ich versuche zu helfen. Mit der Zeit wird die Community bestimmt weitere Distributionen auf das von der Hardware her tolle Gerät portieren.

Angesichts dieser Entwicklung scheint die Gattung Linux-Tablet vom Pech verfolgt, wenn man an Vivaldi oder das Jolla Tablet denkt. Im Gegensatz zum preiswerten, aber von der Hardware unzulänglichen PineTab geht mit dem JingPad A1 das erste wirklich alltagstaugliche Linux-Tablet unter.

Teilt den Beitrag, falls ihr mögt

19 Kommentare

  1. Hallo Ferdinand,

    ich bin auch “stolzer” Besitzer eines gelockten JingPad A1. Du hast in deinem Artikel eine Möglichkeit erwähnt dieses “über Umwege” zu entsperren. Kannst du mir bitte erklären, wie das geht?

    Viele Grüße Daniel

    0
  2. Ich fand das Projekt sehr professionell aufgezogen. Sowohl von der Hardwareausstattung als auch vom Design der grafischen Benutzeroberfläche, wollte man ein breiteres Publikum als nur die eingefleischten Linux Enthusiasten ansprechen. Daher habe vermutet, dass hier ein größeres Unternehmen mit von der Partie ist, denn so etwas bekommt man sonst einfach nicht auf die Beine gestellt. Mit den Veränderungen seit Corona und der aktuellen Sanktionitis, ist es aber wohl nicht mehr der geeignete Zeitpunkt Apple und Google Konkurrenz machen zu wollen. Sehr, sehr schade drum.

    4
  3. Sind traurige Nachrichten.

    Aber noch trauriger ist das Signal, das damit an zukünftige Entwickler/Investoren und Enthusiasten gesendet wird: Linux & Tablet, ist nicht. Hier meine ich insb. die Hardware.

    Gerade weil m.M.n. Jingpad vieles richtig gemacht hat und trotzdem kein Erfolg hatte.

    Wird die Schwelle erhöhen für weitere Leute an diesem Konzept zu arbeiten. Sehr schade.

    In wie weit das Einfluss auf Linux Phones hat bleibt abzuwarten.

    1
    1. Es gäbe da ja auch noch Pine64. Ein ‘Pine Tab Pro’ wäre durchaus realisierbar.
      Fragt sich nur, ob die nötige Hardware wie z.B. Bildschirme bezahlbar verfügbar sind und wie sich die Welt trotz Sanktionitis in Zukunft weiter drehen wird.

      1
  4. Es gibt viele Parteien, denen ein Erfolg eines solchen Produkts nicht recht gewesen wäre. In Europa wandern Millionen der Steuerzahler in die Förderung unsinniger Projekte aber mobile europäische Betriebssysteme werden noch nicht mal beworben oder auf andere Weise unterstützt!

    9
  5. Ja moin,
    Wo ich den Thunderbird auf dem Thumbnail sehe.Es gibt mehrere Artikel das es nicht gut um Mozilla steht. Bzw 2023 der Vertrag mit Google ausläuft. Darüber mal einen objektiven Artikel aus der opensource Szene wäre mal gut.

    0
    1. Um Mozilla _stünde_ es vermutlich prima: Dem gesamten Management den Hahn abdrehen (Gehalt auf Niveau der Entwickler) und wie Wikipedia um Spenden bitten – ich denke, das würde ausreichen … Gut, so viele Nutzer wie Wikipedia hat man nicht (mehr), aber ist ja teilweise auch mit dran schuld.

      2
    2. Es gibt da keine belastbaren Informationen. Der Vertrag steht zur Überprüfung an, wie das schon mehrfach der Fall war. Ich schätze, der wird verlängert, aber evtl. in der Höhe gekappt. Aber das ist ein anderes Thema.

      1
  6. Das ist auch ein schwieriges Thema, Hardware für ein OS bzw. eine OS-Familie zu produzieren, die an sich schon einen niedrigen Marktanteil hat und in der es kaum Applikationen gibt, die die Vorteile eines berührungsempfindlichen Bildschirms nutzen könnten. Es reicht hier nicht, dass die OS-UX alleine gut per Touch steuerbar ist, wenn es die Anwendungen dann nicht bieten.
    In diese Situation hinein Hardware zu produzieren und eine UI zu bauen, die dann kommerziell so erfolreich sein muss, dass das gesamte Unternehmen davon getragen wird, ist mutig, aber kaum erfolgversprechend.

    2
      1. So wirklich unerwartet kommt es nicht, wenn da kein großer Kapitalgeber dahintersteckt, kann sowas von der Handvoll Enthusiasten nicht leben. Jolla hat das Desaster durch das Lizenzgeschäft auf den Smartphones wenigstens überlebt und weil es in Russland einen Großabnehmer gab. Mal schauen, ob und wie es da weitergeht.
        Deren Weg, fremde Hardware zweckzuentfremden, ist aber aus meiner Sicht der einzig erfolgversprechende. Damit fällt der Aufwand, ein funktionierendes Gerät zu entwickeln und in den Markt zu bringen schonmal weg und ich kann mich auf die Software konzentrieren.

        Bleibt das Anwendungsproblem. Auch da ist die Jolla-Lösung mit dem AlienDalvik wohl eine der besseren. Die Masse an Entwicklern wird sich da für diese sehr kleine Teilmenge einer an sich schon kleinen Gruppe nie finden. Das zeigt sich auch bei Jolla. Die Anzahl der nativen Apps ist sehr überschaubar. Nicht mal der OpenSource Messenger Signal hat es auf die Plattform geschafft (Whisperfish, LibreSignal etc haben alle nur mäßig funktioniert).

        Selbst wenn das Teil den markt erreicht hätte und mit irgendeinem “Massen”marktslinux laufen würde: Was mache ich am Ende ohne angepasste Apps damit, was ich nicht mit einem leichten 10-13-Zoll Laptop nicht auch tun kann? Da fehlt einfach die Manpower, um eine solche Umgebung wirklich zum Fliegen zu bringen.

        Ich glaube auch nicht an den Scahden für linux durch das Jolla-Tablet. Der Nutzen des Linux-Phones für die Welt hält sich auch in Grenzen. Der Impact des Tablets dürfte ähnlich gewesen sein.
        Ich musste Jolla leider hinter mir lassen. Als Daily Driver hatte ich immer wieder Probleme mit SailfishOS und wenn Anrufe der KiTa nicht ankommen ist Schluss mit lustig.

        1
    1. Ist ja logisch?
      Bis jetzt jedes china billig produkt das auf linux setzt !
      Nur darum weil es für sie gratis ist doch sie keine leute haben um es zu weiterentwickeln.
      Verkaufst du 100tausend geräte und dann das nächste!

      0

Kommentar hinterlassen