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Debian vor Urabstimmung über Init-Systeme

Im Debian-Projekt tritt keine Ruhe ein, wenn es um Init-Systeme geht. 2014 entschied der Technische Ausschuss als letzte Instanz nach andauernden heftigen Debatten, dass fortan Systemd als Standard-Init-System bei Debian verwendet wird. Jetzt sind nach wiederum anhaltenden Diskussionen die Debian-Entwickler zu einer Urabstimmung aufgerufen, die die Frage klären soll, wie sich Debian künftig zu alternativen Init-Systemen stellt. Bei Debian heißt eine solche Urabstimmung General Resolution (GR).

Systemd und kein Ende

Dazu hat der derzeitige Debian-Projektleiter (DPL) Sam Hartman aus den Diskussionen drei Vorschläge erarbeitet, die von anderen Entwicklern mittlerweile auf sieben Vorschläge erweitert wurden. Die darin vorgeschlagenen Richtlinien reichen von »strikt nur noch Systemd« über »auch andere Init-Systeme, wenn sie nicht ausbremsen« bis zu »zwingend auch andere Init-Systeme«.

Urabstimmung über Init-Systeme

Hartman möchte die Entscheidung hinter sich bringen, da solche Diskussionen dazu tendieren, das Projekt zu lähmen. Er hielt lediglich die Mindestdiskussionszeit ein, die Abstimmung beginnt am 7.12 und endet am 27.12. Wegen der Komplexität der Vorschläge wurde die Wahlperiode von den üblichen zwei auf drei Wochen verlängert.

Verschiedene Positionen

Die Vorschläge, die auf dem Stimmzettel auftauchen sind von 1–7 durchnummeriert, wobei DPL Hartman seinen dritten Vorschlag zurückgezogen hat, da die Aussage in anderen Vorschlägen bereits aufgeführt war. Sie stellen die verschiedenen Positionen dar, die sich in der Diskussion auf der Mailingliste herauskristallisiert haben.

Die Vorschläge

Vorschlag 1 stammt von Martin Michlmayr, der die Fokussierung auf Systemd festschreiben möchte und es damit Paketen ermöglicht, ausschließlich Systemd-Funktionen zu nutzen. Alternative Systeme sind willkommen, sollten aber die Entwicklung nicht aufhalten.

Vorschlag 2 wurde von Hartman formuliert und ist mit »Systemd, aber wir unterstützen die Suche nach Alternativen« überschrieben. Debian würde damit anerkennen, dass Systemd-Service-Einheiten die bevorzugte Konfiguration sind, um zu beschreiben, wie man einen Daemon oder Dienst startet. Debian bleibt damit jedoch weiterhin eine Umgebung, in der Entwickler und Benutzer alternative Init-Systeme und Alternativen zu Systemfunktionen erforschen und entwickeln können. Zudem betont der Vorschlag das Bekenntnis Debians zur Zusammenarbeit mit Derivaten, die unterschiedliche Entscheidungen über Init-Systeme treffen.

Vorschlag 3 ist mit »Unterstützung mehrerer Init-Systeme ist wichtig« überschrieben und besagt, alle Pakete müssen auch ohne Systemd funktionieren, sofern der Entwickler sie nicht ausdrücklich auf Systemd beschränkt hat. Steht ein Paket nicht für mehrere Init-System bereit, wäre das ein Fehler, der mit importantzu klassifizieren wäre.

Vorschlag 4 stammt von Debian-Urgestein Ian Jackson und mit »Unterstützung von nicht Systemd-gebundenen Systemen, ohne den Fortschritt zu blockieren«. Der sehr ausführliche Vorschlag sieht vor, dass Pakete auf nicht Systemd-gebundenen Installationen funktionieren, aber ein Fehlverhalten gilt nicht als veröffentlichungskritischer Fehler – es sei denn, es gibt die notwendige Unterstützung, wurde aber vom Paketbetreuer nicht aktiviert. Die Verwendung von Systemd-spezifischen Funktionen ist nur zulässig, wenn diese Funktionen dokumentiert sind und alternative Implementierungen realisierbar sind.

Vorschlag 5 von Dmitry Bogatov lässt bereits in der Überschrift erkennen, dass Bogatov unterschiedliche Init-Systeme als verbindlich festgeschrieben sehen möchte. Nach seiner Ansicht muss jedes Paket auch mit Init-Alternativen zu Systemd funktionieren.

Vorschlag 6 stammt von Guillem Jover und ist mit »Unterstützt Portabilität und mehrere Implementierungen« überschrieben. Dieser Vorschlag bleibt vage und sagt lediglich, dass Hard- und Software wichtig sind, aber keine spezifischen Hinweise darauf gibt, was das für die Projektpolitik bedeuten würde. Option 7 steht bisher noch nicht auf der Webseite, stammt wiederum von Ian Jackson, der darin die Vorschläge 4 und 6 zusammenfasst und weiter ausarbeitet.

Stimmberechtigt

Alle rund 1.000 offiziellen Debian-Entwickler sind stimmberechtigt und können sich für einen der Vorschläge entscheiden oder dafür stimmen, das Problem zurück an den Diskussionstisch zu schicken. Da mittlerweile viele Entwickler von der anstrengenden Diskussion genervt sind, wird es aber vermutlich zu einer Entscheidung kommen, die dann in die Richtlinien der Debian Policy einfließen.

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