Debian Swirl

Debian: Sollen Entwickler bezahlt werden?

Vor einem Jahr kündigte das Debian-Projekt eine Umfrage unter den Entwicklern an, ob deren Arbeit für Debian entlohnt werden sollte. Ende 2020 verfügte Debian immerhin über mehr als 800.000 US-Dollar, wie der Jahresbericht der gemeinnützigen Organisation Software in the Public Interest (SPI) ausweist.

Wichtige Projekte stagnieren

In den 25 Fragen ging es darum, sowohl dem Debian-Projektleiter als auch externen Geldgebern zu helfen, Richtlinien festzulegen, welche Art von Debian-Arbeit für eine Bezahlung akzeptabel ist. Sie enthält auch Fragen zur Bewertung der Wichtigkeit verschiedener Projekte und Ideen, die im Umlauf sind, für die vielleicht Geld eingesetzt werden sollte, um sie zu befördern. Dabei geht es um als für Debian förderliche Projekte, die aber von den rund 1.000 Entwickler aus Zeitgründen nicht umgesetzt werden können.

Initiiert wurde die Umfrage von Raphaël Hertzogs Project Freexian, das auch für Debian LTS verantwortlich ist, und dort bereits Debian-Entwickler für die LTS-Unterstützung bezahlt. Die Umfrage, an der 224 Entwickler teilnahmen, lief drei Wochen, nun liegt die Auswertung vor.

Überwiegend positiv

Die Auswertung stellt zunächst fest, dass die Teilnehmer der Umfrage auch ansonsten sehr aktiv im Projekt sind. Fast die Hälfte aller Befragten sind in Debian in einer rein persönlichen Eigenschaft aktiv und nicht für Unternehmen tätig, die sie zeitweise im Rahmen ihres Arbeitsvertrags für die Arbeit an Debian freistellen.

Nach der Einschätzung gefragt, ob eine Bezahlung die Qualität und Nachhaltigkeit eines Teams steigern würde, war das QA-Team am ehesten dieser Meinung. Was die Erhöhung der Debian-Beteiligung angeht, so würden 65 % der Befragten gerne mehr Zeit damit verbringen, zu Debian beizutragen. Angesichts der Tatsache, dass rund 50 % der Teilnehmer angaben, ihre Arbeit für Debian ausweiten zu können, lassen vermuten, dass diese Teilnehmer ihr Geld durch selbstständige Arbeit verdienen.

Gezielte Finanzierung

Dies wird positiv bewertet, bedeutet es doch, dass eine gezielte Finanzierung zu einem bedeutenden Anstieg der Debian-Beteiligung führen könnte. Es gibt es bereits umsetzbare Ideen, die die Umfrageteilnehmer als wichtig für das Debian-Projekt erachten und für die vermutlich Mittel eingesetzt werden könnten, um ihre Umsetzung zu unterstützen.

Wird eine Bezahlung von Entwicklern von den Teilnehmern positiv bewertet, so erstreckt sich die Zustimmung auf bereits im Projekt arbeitende Personen und weniger auf Entwickler von außerhalb. Bei den Befürwortern einer Bezahlung war das Security-Team am stärksten vertreten. Bereiche, für die eine Bezahlung gerne gesehen wäre sind:

  • Bezahlen für die Entwicklung von neuen Funktionen/Verbesserungen für Debian-spezifische Infrastruktur
  • Bezahlung der Entwicklung von neuen Funktionen/Verbesserungen für Debian-spezifische Software
  • Bezahlen von Debian-Beitragenden für die Fertigstellung großer Änderungen in einem vernünftigen Zeitrahmen

Bezahlte Rollen

Was die Finanzierung bestimmter Rollen im Projekt angeht, so wurden das Sicherheitsteam und das LTS-Team
am positivsten und der Technische Ausschuss und das DAM-Team (Debian Account Manager) am wenigsten genannt. Ein bezahlter Technischer Ausschuss würde auch der Einflussnahme auf wichtige Entscheidungen von außen Tür und Tor öffnen.

Wie bei einer so diversen Gruppierung nicht anders zu erwarten, wurden auch Vorbehalte und Bedenken geäußert. Der Schwerpunkt lag hier darauf, dafür zu sorgen, dass die Ziele des Debian-Projekts und
Ethos der Freiwilligen nicht durch die Teilnahme von bezahlten Mitwirkenden untergraben werden.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass ein breiter Konsens darüber besteht, dass eine Finanzierung eine positive Wirkung hätte. Dabei werden bestimmte Rollen und Aufgabenbereiche favorisiert.

Dunc.Tank.org

Bereits häufiger in der Geschichte des Debian-Projekts wurde darüber diskutiert, ob Debian-Entwickler für ihre Arbeit entlohnt werden sollten. Im Verlauf der Veröffentlichung von Debian 4 »Etch« im Jahr 2006 gab es eine erhitzte Diskussion, als Dunc.Tank.org, eine vermeintlich unabhängige Gruppe von Entwicklern, Unterstützern und Anwendern von Debian vorschlug, Spenden zu sammeln, um die beiden Release Manager Steve Langasek und Andreas Barth für jeweils einen Monat in Vollzeit bezahlen zu können und damit die pünktliche Veröffentlichung von Debian 4 »Etch« im Dezember 2006 zu gewährleisten.

Projektleiter in Nöten

Die Kontroverse entstand aus der Tatsache, dass Dunc.Tank.org keineswegs unabhängig war, sondern den damaligen Debian-Projektleiter Anthony Towns, dessen Stellvertreter Steve McIntyre als auch Kernel-Hacker Ted Tso und die Entwickler Joey Hess und Raphaël Hertzog zu den Unterstützern zählten. Im Verlauf der Krise, die Debian bis an den Rand der Projekteinstellung brachte, wurde in einer General Resolution unter anderem auch der Rücktritt von Towns gefordert.

Unfreie Firmware bereits damals ein Streitpunkt

Der blieb aber im Amt und die Initiatoren setzten sich durch und sorgten für eine Bezahlung der beiden Release-Manager mit jeweils 6.000 US-Dollar für jeweils einen Monat. Zur pünktlichen Veröffentlichung von Debian 4 »Etch« am 4. Dezember 2006 führte dies aber nicht, die fand am 7. April 2007 statt. Einer der Punkte, der für die Verspätung mitverantwortlich war, war neben Problemen mit dem Installer bereits damals die Diskussion über den Status von unfreier Firmware im Projekt, der erst kürzlich endgültig geklärt werden konnte.

Teilt den Beitrag, falls ihr mögt

10 Kommentare
Newest
Oldest Most Voted
Inline Feedbacks
View all comments