Ich hatte vor einiger Zeit über die Veröffentlichung von Elektra 0.9.12 berichtet. Dabei hatte mich Entwickler Markus Raab auch auf ein weiteres Projekt namens PermaplanT hingewiesen. Ich habe ihn daraufhin gebeten, ein wenig über beide Projekte zu erzählen. Hier sind seine Antworten.
Hi Ferdinand, vielen Dank für die Einladung zum Interview.
1) Magst du uns kurz ein paar Informationen zu dir und deinem IT-Hintergrund geben?
Sehr gerne.
Ich habe auf der TU Wien den Master abgeschlossen und bin danach einige Jahre in der Industrie gewesen. Dort hat mich aber gestört, dass es schwierig war an freier Software zu arbeiten. Ich bin dann deswegen zurück an die TU Wien und habe dort dissertiert, mit der Absicht, Elektra entwickeln zu können.
2) Ich habe ja nun schon mehrfach über das von dir mitentwickelte Elektra berichtet, zuletzt vor wenigen Tagen. Kannst du für die Leser kurz aufzeigen, für wen Elektra eine Alternative zu der üblichen Konfiguration mittels Textdateien ist?
Elektra bietet ebenfalls Konfiguration mittels Textdateien an. Der Unterschied ist:
Elektra erlaubt, zu beschreiben, wo Konfigurationsdateien liegen und welches Format sie haben.
Genialerweise liegen diese Beschreibungen ebenfalls als ganz normale Konfiguration vor. Somit hat man einen einheitlichen Zugriff sowohl auf die Konfiguration als auch die Beschreibung der Konfiguration. Das hat den Vorteil, dass Configuration Management Tools wie Ansible ebenfalls den einheitlichen Zugriff von Elektra verwenden können.
Und noch besser:
Anders als bei Configuration Management Tools derzeit üblich, arbeiten wir gerade daran, dass man auch manuelle Änderungen an Systemen wieder zurück nach Ansible bekommen kann.
2a) Was sind die üblichen Anwendungsfälle und wer setzt Elektra in der Praxis ein?
Elektra wurde in seiner Geschichte oftmals praktisch eingesetzt, vorwiegend von Firmen auf embedded Systemen, z. B. Fernseher, Blue-Ray Player oder Waagen und hat in diesen Nischen gut funktioniert.
Aufgrund der aktuellen Vereinfachungen gab es in den letzten Jahren viele Umstellungen und keine Stabilitätsgarantien. Deswegen hat in dieser Zeit kaum jemand damit angefangen, Elektra anzuwenden.
Und das ist auch sinnvoll so, bis diesen Sommer wieder eine stabile Version veröffentlicht wird.
3a) Du hast mir begeistert über eine neue Herzensangelegenheit namens PermaplanT berichtet, die du mit deiner Partnerin Yvonne und einem wachsenden Team realisierst. Wie ist es dazu gekommen?
Markus:
Bei PermaplanT konnte ich von der grünen Wiese neu überlegen, was wirklich eine bedeutende Verbesserung für viele Menschen wäre. Bei der App geht es nämlich darum, gesunde und ertragreiche Gärten zu planen – im Einklang mit der Natur.
Das Konzept dahinter ist die Permakultur, darin ist Yvonne Expertin…
Yvonne:
In der Permakultur werden Kreisläufe geschlossen, Biodiversität wird gefördert und mit weniger Arbeitsaufwand wird ein besseres Ergebnis erzielt, zum Beispiel riesige Zucchini (lacht).
Klingt traumhaft, oder?
3b) Klingt tatsächlich gut! Benötigt man für Permakultur einen eigenen Garten?
Yvonne:
Für mich ist Permakultur nicht nur Landschaftsgestaltung, sondern eine Lebensphilosophie.
Dem Konzept liegt zugrunde, mit den Gesetzen der Natur intelligent umzugehen: Also mit ihnen zu arbeiten statt gegen sie. Zum Beispiel trocknet unbedeckte Erde schnell aus. Ich kann aber Grasschnitt oder Heu als Mulchschicht auf den Boden legen. Damit spare ich mir gleich dreifach Arbeit: Ich brauche weniger zu gießen, weniger zu jäten und muss nicht extra mit meinem Grünschnitt zur Deponie fahren. Alles bleibt im System.
3b) Wie kam es eigentlich zu PermaplanT?
Yvonne:
Wir betreiben seit einigen Jahren Permakultur auf unserem Gelände. Die Idee von Permakultur ist, durch Intelligenz und permanente Strukturen auf nicht nachhaltige Lösungen wie Traktoren, Insektizide und Pestizide verzichten zu können. Ich habe stundenlang Pläne gezeichnet und wieder verworfen. Eine gute Planung am Anfang aber spart sehr viel Arbeit später. Ich bin Botanikerin, Markus ist Informatiker. Er hat mir dabei über die Schulter geschaut und….
Markus:
…ja, Yvonne hat sich wirklich den Kopf zerbrochen.
Es ist auch sehr schwierig, die zahlreichen Bedingungen im Freiland, wie Sonneneinfall, Windverhältnisse oder Pflanzenbedürfnisse am Papier darzustellen.
Die zeitliche Abfolge spielt ebenfalls eine Rolle.
In der Informatik ist das verhältnismäßig einfach lösbar.
Deswegen haben wir PermaplanT ins Leben gerufen und arbeiten mittlerweile zu dreizehnt daran… (freut sich sichtlich)
Yvonne:
…wir sind überzeugt, dass Permakultur eine gute Sache ist und durch die App viele Andere davon profitieren können!
Markus:
…und vor allem die Natur! (beide lachen)
3c) Wie bediene ich die App und welche Vorteile habe ich bei der Anwendung?
Markus:
Der Benutzer zeichnet zuerst sein Gelände, wie Garten, Balkon, Acker, etc., ein. Dann kann er Layer für Layer seine spezifischen Umweltbedingungen eintragen, zum Beispiel beschattete Bereiche. Das Planen von Gemüse oder Obst erfolgt ebenfalls in eigenen Layern. Die App kombiniert dann die individuellen Eingaben mit den Eigenschaften der Pflanzen. Dazu dient unsere Datenbank von über 8.000 Pflanzen, die wir aus verschiedenen Quellen zusammengetragen haben.
Yvonne:
Es werden aber auch die Interaktionen zwischen den Pflanzen berücksichtigt: Sogenannte Polykulturen, das Gegenteil von Monokulturen, sind gezielte Kombinationen bestimmter Pflanzenarten um besonders positive Effekte zu erzielen. Durch Polykulturen können zum Beispiel Schädlinge fern gehalten werden.
Spritzmittel ade! Die App schlägt dann die geeignetsten Standorte vor oder warnt vor ungünstigen Platzierungen.
Markus:
PermaplanT nimmt auch eine didaktische Funktion ein. Zum Beispiel werden dem Benützer ökologisch besonders wertvolle Arten vorgeschlagen. Oder im Bereich Polykulturen geht es darum, größere Gruppen von Pflanzen zu finden, die bei vorherrschenden Bedingungen gemeinsam wachsen können.
3d) Wie macht man mit?
Markus:
An der App Interessierte können unserem gemeinnützigen Verein beitreten. Dadurch erhalten sie vor allem Zugang zur PermaplanT-Community. Eine wachsende Plattform für Austausch, Support und Feedback.
Yvonne:
Der Verein wird solidarisch und gemeinnützig aufgebaut. Man kann einen Mitgliedsbeitrag zahlen, uns mit einem Förderbeitrag unterstützen oder wer nichts zahlen kann, kann sich aktiv in die Community einbringen.
Markus:
Lass mich den letzten Punkt noch ein wenig erörtern. Geld ist zwar für den nachhaltigen Betrieb der Infrastruktur notwendig, aber nicht jeder kann oder will Geld zahlen. Viele wollen aber trotzdem etwas zurück geben. Deswegen bieten wir eine Alternative: Mit sogenannten Permacoins kann die Mitgliedschaft bezahlt werden.
Yvonne:
Die Permacoins können durch Communityarbeit in PermaplanT verdient werden. So kann sich jeder daran beteiligen, gemeinsam etwas einzigartiges wachsen zu lassen.
Anmerkung:
Wenn du daran interessiert bist, besuche uns auf https://www.permaplant.net