Murena One mit /e/OS V1 – Erster Eindruck

Gestern trudelte aus Frankreich das Smartphone Murena One mit /e/OS V1 bei mir ein. Es handelt sich dabei um das erste eigene Smartphone von Gaël Duval, einem französischen Entrepreneur und Gründer von Mandrake-Linux und später e/OS, einem entgoogelten Custom-ROM auf der Basis von LineageOS. Das System begann 2017 als eelo und wurde ein Jahr später in /e/ umbenannt. Aus dem unglücklich gewählten Namen /e/ wurde im Oktober letzten Jahres dann Murena.

Anfangs hat die /e/Foundation überholte Samsung Galaxy Phones mit /e/OS ausgestattet, im April 2020 kam das Fairphone 3 mit /e/OS hinzu. Bereits im März 2020 konnte ich das /e/Phone in Form eines Samsung Galaxy S9 in einem ersten Test mit vorinstalliertem /e/OS ausprobieren, detaillierter nachzulesen in der Zeitschrift LinuxUser 05/2020.

Fakten zum Morena One

Das Murena One ist ein 4G LTE Smartphone mit einem 6.53-Zoll IPS-Display und einer Auflösung von 1080 × 2242 Bildpunkten. Der Octa-Core- SoC Mediatek Helio P60 mit 2.1GHz wird von einer Mail-G72-Grafikeinheit unterstützt und von 4 GByte RAM flankiert. Der interne Speicher beträgt 128 GByte, ebenso groß darf die Micro-SD-Karte sein, die sich das Tray an der linken Seite mit der SIM-Karte teilt. Gleich darunter befindet sich auch der Fingerprint-Sensor.

Die drei Kameras bieten 48 und 8 Megapixel, Selfies werden mit 25 Megapixel unterstützt. Das Murena One wiegt bei Maßen von 161.8 × 76.9 × 8.9 mm 186 g. Der Akku bietet 4.500mAh und kann nicht entnommen werden. Bisher konnte ich noch nicht ermitteln, welches Gerät dem Murena One zugrunde liegt. Das einzige, was die Einstellungen verraten, ist Model X2. Vielleicht erkennt es ja jemand anhand der Fotos und erleuchtet mich in dieser Hinsicht.

Aufseiten der Software kommt erstmals die stabile Version /e/OS V1 zum Einsatz. Sie basiert auf LineageOS 17.1, das seinerseits Android 10 als Basis nutzt. Die Google-Dienste wurden komplett entfernt und durch Alternativen ersetzt. Anstelle der proprietären Google Libraries für die meisten Google-Play-Dienste tritt MicroG.

Standard-Apps

Zu den Apps, die die Entwickler entwickelt oder angepasst haben, gehört ein Browser auf der Basis von Bromite , ein E-Mail-Client, der auf K9 aufsetzt und die Navigationsapp Magic Earth. Der Aufgabenplaner ist ein Fork von Open Tasks, der Kalender entstammt dem Etar Projekt, Kontakte ist bei LineageOS entlehnt. Die Foto-ist auf OpenCamera basiert. Weitere Apps sorgen für Musik, Sprachaufnahmen und Notizen. Geplant ist ein virtueller Assistent, der auf den Namen Elivia hören und den Google Assistant ersetzen soll.

/e/OS bietet eine kostenlose Mail-Adresse, die auf @murena.io endet und stellt ein GByte Speicherplatz zur Verfügung, der kostenpflichtig erweitert werden kann. Viele der verfügbaren Dienste haben ein Backend für die Murena-Cloud erhalten.

App Lounge

Beim App Store geht Duval einen Kompromiss ein, denn ihm ist bewusst, dass sein System wie alle anderen auch mit dem Angebot an verfügbaren Apps steht und fällt. Somit ist die App Lounge des Morena One im Grunde ein Play Store ohne Google-Branding. Das wird klar, wenn der Anwender beim ersten Start gefragt wird, ob er sich mit seinem Google-Konto oder anonym anmelden möchte. Neben fast allen Apps aus Google Play sind aber auch solche aus F-Droid verfügbar. Die einzige Anwendung, wo man um Google nicht herumkommt, ist Google Pay, etwa bei In-App-Käufen. In den Einstellungen kann der Nutzer entscheiden, ob er alle Apps sehen möchte oder wahlweise nur quelloffene Apps oder PWAs (Progressive Web Apps).

Privatsphäre

Das Murena One verfügt in den Einstellungen im Menüpunkt Advanced Privacy über die Möglichkeit, unter anderem Standort und IP-Adresse per eingebautem VPN zu verschleiern. Beim Standort kann man einen zufälligen oder selbst festgelegten Ort wählen. Das kommt aber Wetter-Apps oder der Navigation mit Magic Earth oder Komoot in die Quere und ist von daher nur bedingt einsetzbar. Bei der IP-Verschleierung ist darauf zu achten, dass Apps wie KDE Connect oder Warpinator davon ausgenommen werden. Zudem kann man in den Einstellungen Tracker blockieren oder gezielt zulassen.

Gratwanderung

Der Kompromiss, den Duval mit dem Murena One und /e/OS V1 eingeht, zeigt auf, wie schwierig es ist, ein Smartphone ohne Googles Krakenarme zu realisieren. Mir gefällt das Murena One, das ab Ende Juni für 349 Euro lieferbar sein soll, bisher ausnehmend gut. Grobe Schnitzer sind mir nicht aufgefallen, ein wenig Politur hier und da fehlt noch. So kann man etwa die Schriftgröße anpassen. Wählt man die größte Einstellung, sind manche Menüs unten leicht abgeschnitten, aber noch lesbar.

Mein erster Eindruck

Der Marketing-Slogan entgoogelt ist, wie ich finde, etwas zu hoch gegriffen, denn Google spielt unvermeidlich an einigen Stellen hinein. Trotzdem sorgt das Murena One und das Konzept dahinter für mehr Datenschutz und Privatsphäre als ein herkömmliches Android, und das zu einem annehmbaren Preis und mit im Alltag ausreichender Leistung.

Wenn ihr Fragen zum Murena One habt, beantworte ich die gerne in den Kommentaren. Ein ausführlicher Testbericht wird vermutlich in einigen Monaten im LinuxUser erscheinen.

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