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WordPress auf dem Kriegspfad

Seit Wochen ist Matt Mullenweg, CEO von Automattic und Mitbegründer sowie Chefentwickler von WordPress, auf dem Kriegspfad. Der Gegner im Visier ist der vom Private-Equity-Unternehmen Silver Lake kontrolliert WordPress-Hoster WP Engine. Neben dem Hosting von rund 1,5 Millionen WordPress-Installationen bietet WP Engine auch Plug-ins und Themes für WordPress an.

Riesiger Marktanteil

Das von Matt Mullenweg seit 2004 veröffentlichte freie Content-Management-System kann man mögen oder nicht, aber es ist freie Software, die von der WordPress Foundation beständig weiterentwickelt wird. Und es ist das CMS, das wir derzeit bei LinuxNews verwenden. Damit zählen wir zu rund 40 % aller mit einem CMS erstellten Webseiten. Neben der WordPress Foundation, deren Vorsitzender Matt Mullenweg ist, betreibt er seit 2005 die mit rund 7,5 Milliarden US-Dollar bewertete Firma Automattic, die neben WordPress.com viele weitere Marken besitzt.

Die Krebsgeschwür-Metapher

Bei dem Streit geht es um Mullenwegs Vorwurf, WP-Engine profitiere seit vielen Jahren vom quelloffenen WordPress, ohne selbst viel dazu beizutragen. In einem Blogeintrag von vor einem Monat präzisierte Mullenweg seine Vorwürfe und nannte WP Engine ein »Krebsgeschwür für WordPress«. Das letzte Mal, dass dieses schwere Geschütz aufgefahren wurde, war der unvergessliche Auftritt von Microsoft CEO Steve Ballmer, der 2001 Linux in einem Interview als Krebsgeschwür und Hippie GPL Unsinn bezeichnete.

Mullenweg ist zudem überzeugt, WP Engine begehe seit Jahren Markenrechtsverletzungen. Einen Lizenzvertrag habe WP Engine seit Jahren verweigert, so Mullenweg. Er ist zudem überzeugt, dass WP Engine eine eigene Markenlizenz benötige, da viele Menschen glaubten, es gehöre zu WordPress.

Selbst ist der Matt

Werden solche Streitigkeiten üblicherweise vor Gericht ausgetragen, scheint Mullenweg entschlossen, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Nachdem WP Engine der Rechtsabteilung von WordPress eine Unterlassungserklärung zugestellt hatte, in der Mullenweg strafbare Äußerungen und Behauptungen vorgeworfen werden, sperrte Mullenweg WP Engine von WordPress.org aus. Und damit war der Punkt erreicht, wo er der Community und den Nutzern von WordPress Schaden zufügte. Die Kunden von WP Engine waren ab dem Zeitpunkt von Updates für Plug-ins und Themes abgeschnitten, was ein eklatantes Sicherheitsproblem darstellt.

Ausgesperrt

Nach einer kurzzeitigen Entsperrung und einem Ultimatum bis zum 1. Oktober trat die Sperre wieder in Kraft. Mullenweg hatte von WP Engine ultimativ eine Lizenzgebühr von 8 % des Umsatzes gefordert. Dies lehnte WP Engine ab und reichte Klage gegen Mullenweg und Automattic ein.

In der Folge musste Mullenweg realisieren, dass viele der Angestellten bei Automattic mit seiner Handhabung der Situation nicht einverstanden waren. Er bot daraufhin jedem, der das Unternehmen verlassen wollte, eine Abfindung von 30.000 US-Dollar oder sechs Monatsgehältern an. 159 Angestellte oder 8,4 Prozent der Belegschaft haben das Angebot angenommen und das Unternehmen verlassen.

Plug-in geforked

WP Engine reagiert auf die Aussperrung von WordPress.org mit der Auslagerung des von Entwicklern geschätzten Plug-ins Advanced Custom Fields (ACF), sodass Kunden des in der Pro-Version kostenpflichtigen Plug-ins weiterhin Updates erhalten. Mullenweg reagierte vor einer Woche mit der Ankündigung, dass WordPress unter Berufung auf Punkt 18 der Richtlinien für Plug-ins Advanced Custom Fields (ACF) in ein neues, nicht kostenpflichtiges Plug-in namens Secure Custom Fields, umwandelt. Dabei sei auch ein Sicherheitsproblem von AFC behoben worden.

Führungsstil in Frage gestellt

Wie die Vendetta weitergeht, lässt sich derzeit nicht beantworten. Die Community ist gespalten und größtenteils nicht begeistert. Scott Kingsley Clark, ein WordPress-Core-Entwickler trat zurück, mit der Begründung, er sei es leid, Entschuldigungen für Mullenwegs Verhalten zu finden. Seine Führung des Projekts wird zunehmend von Mitwirkenden, Benutzern und externen Beobachtern infrage gestellt.

Zunehmende Kommerzialisierung

Die Frage der zunehmenden Kommerzialisierung von Open-Source-Projekten infolge von Unternehmen, die wenig zur Unterstützung von Open-Source beitragen, aber deren Vorteile nutzen, ist natürlich legitim und wurde in den letzten Jahren des Öfteren thematisiert. Firmen wie MongoDB, Elastic, Confluent, Redis Labs und HashiCorp haben ihre Lizenzen verschärft, um es großen Cloudanbietern zu erschweren, offene Software als Dienst zu vermieten und sich zu wenig oder gar nicht an der Weiterentwicklung zu beteiligen.

Ob Mullenwegs Handhabung des Streits mit WP Engine dazu beiträgt, in dieser Sache ein Umdenken in den Unternehmen zu bewirken, darf bezweifelt werden. Klar ist jedenfalls eins: Egal, wer in diesem Streit gewinnt, die WordPress-Community und die Anwender von WordPress sind auf jeden Fall auf der Verliererseite.

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