Ich hatte kürzlich in einem Artikel darüber nachgedacht, Proxmox teilweise durch Unraid zu ersetzen und kurz die Installation beschrieben. Gestern habe ich Unraid produktiv auf einem neu gebauten Home-Server in Betrieb genommen.
Die Hardware
Den Server habe ich selbst konzipiert und gebaut. Dazu kamen folgende Teile zum Einsatz:
- Gehäuse: Fractal Design Node 804
- Mainboard: Gigabyte H610I
- Netzteil: bequiet SFX L Power
- Prozessor: Intel Core i3-12100
- CPU-Kühler: Noctua NH-L91-17xx
- RAM: 2 × 16 GB Crucial DDR4 3200
- HDD: 3 × 6 TB WB Red
- NVME: 1 GB Samsung 970 EVO Plus
Der Aufbau
Das Gehäuse ist für bis zu 8 × 3,5″ und 4 × 2,5″ Festplatten ausgelegt und kommt bereits mit drei 120 mm Lüftern (1 x vorne, 2 x hinten) ins Haus. Aus Erfahrung hatte ich befürchtet, dass ich die Lüfter gegen leisere Exemplare würde austauschen müssen, war jedoch positiv überrascht, dass das System unhörbar ist, obwohl es ~ 1 m von mir entfernt auf ~ 1 m Höhe steht. Der Zusammenbau war etwas fummelig wegen der reduzierten Größe des Mainboards, trotzdem klappte alles auf Anhieb. Das modulare Kabelmanagement des Netzteils war dabei ein Riesenvorteil.
Installation und Inbetriebnahme
Die Installation habe ich ja bereits beschrieben. Diese ist unspektakulär, wenn auch nicht ganz Linux-like. Zumindest sollten die Informationen, wie man Unraid bootbar auf den USB-Stick bekommt, offiziell in der Dokumentation stehen anstatt versteckt in einem Foren-Thread als Anfrage eines Users. Nach rund drei Wochen Testphase auf einem schwächeren Rechner ist das aber auch schon alles, was ich bisher zu kritisieren habe. Dass das Unternehmen Lime Technology, Inc. in der für mich derzeit ausreichenden Basisvariante 56 US-Dollar für eine lebenslange Lizenz haben möchte, stellt für mich kein Problem dar, auch Entwickler müssen essen und es muss nicht immer alles umsonst sein.
Als eingefleischter Linuxer muss man halt ein wenig Pragmatismus mitbringen, da hier, anders als bei Proxmox, keine Open-Source-Taktik zum Tragen kommt. Positiv dagegen: Unraid ist nicht auf einen Lizenzserver angewiesen. Man kann das Produkt also auch weiterbetreiben, wenn die Firma nicht mehr existieren sollte. Die Anbindung von Produkten an einen Lizenzserver hat sich ja gerade erst bei den Hipster-Bikes von VanMoof als fatal erwiesen.
Das Webinterface
Also habe ich mir nach dem ersten Hochfahren ins Webinterface zunächst eine Lizenz erworben und dann geschaut, wie es mit der Hardware-Erkennung aussieht. Die drei HDDS uns die NVMe waren aufgelistet. Unraid nutzt auf den Datenplatten XFS als Dateisystem und auf der NVME fürs Caching kommt Btrfs zum Einsatz. Die Formatierung für alle Platten wirds über einen Schalter im Main-Tab übernommen. Danach weist man die Platten einem Array zu.
In meinem Fall zwei HDDs für die Daten und eine für die Parity. Damit lässt sich eine der beiden Platten nach einem Ausfall auf einer neuen HDD wieder herstellen. Fallen beide gleichzeitig aus, sieht es schlecht aus. Um das abzusichern, benötigt das System eine zweite Parity-Platte. Diese Platten müssen mindestens so groß sein, wie die größte Platte im Array. Im Gegensatz zu einem üblichen RAID können die bis zu 24 Datenplatten aber völlig unterschiedliche Kapazitäten haben.
Die Daten, die bei der Nutzung zunächst im Cache, also auf der NVMe landen, werden standardmäßig nachts von dort auf die HDDs geschoben. In den nächsten Tagen und Wochen geht es nun an die Installation einiger der annähernd 2.000 Docker-Dienste und über 150 Plug-ins. Docker Compose kann als Plug-in eingebunden werden und erlaubt die Bereitstellung von Diensten über eigene YAML-Dateien.
Die nächsten Schritte
Die Handhabung Virtueller Maschinen werde ich ebenfalls testen, produktiv bleibe ich aber damit vermutlich auf dem kleinen Proxmox-Server. Dann sind noch verschiedene Shares einzubinden, damit ich auch aus dem Dateimanager auf die Daten zugreifen kann. Darüber schreibe ich dann später einen gesonderten Artikel. Mein derzeitiger Eindruck ist der eines sehr vielseitigen und gut gepflegten Systems. Wir werden sehen, ob das so bleibt.
Edit: Wie ich eben sehen durfte, kann man Home-Server auch viel weniger erfolgreich aufbauen als das mir geglückt ist. Dabei hat Kollege Jeff wesentlich mehr Ahnung von Hardware als ich.