Debian 11

Debians Wahl zwischen Freiheit und Benutzbarkeit

Das Thema der Handhabung von unfreier Firmware hat seit Jahren immer wieder zu Diskussionen im Projekt geführt. Es geht darum, wie sich das Projekt zu dieser unfreien, aber oft bereits bei der Installation benötigten Software stellt. LinuxNews hat bereits des Öfteren darüber berichtet.

General Resolution zu unfreier Firmware

In diesem Jahr nahm sich der ehemalige Projektleiter Steve McIntyre des Themas an und forcierte in einem viel beachteten Vortrag auf der diesjährigen Entwicklerkonferenz DebConf eine endgültige Lösung. Bald war klar, dass nur eine General Resolution (GR), also eine Wahl unter den Entwicklern das Problem würde lösen können. Es wurden drei Vorschläge erarbeitet, die einen Monat lang bis zu 15. September diskutiert wurden. Aus den ursprünglichen drei sind inzwischen sechs Vorschläge geworden, über die in der Wahlperiode vom 18.9. bis zum 1.10. abgestimmt werden kann.

  • Vorschlag A von Steve McIntyre: Debian inkludiert Pakete aus der Sektion non-free-firmware des Debian-Archivs auf den offiziellen Abbildern. Die mitgelieferten Firmware-Binärdateien werden standardmäßig aktiviert, wenn das System feststellt, dass sie erforderlich sind. Wenn möglich wird Debian Möglichkeiten für Benutzer vorsehen, dies beim Booten zu deaktivieren. Das Non-Free-Repository ist nach der Installation freigeschaltet, sodass die installierte Firmware aktualisiert werden kann. Diese Images werden als offizielle Debian-Medien veröffentlicht und ersetzen damit die aktuellen Mediensätze, die keine unfreien Firmware-Pakete enthalten.
  • Vorschlag B von Gunnar Wolf: Der zweite Vorschlag unterscheidet sich kaum vom ersten, geht aber etwas weiter. Er sieht nicht vor, die derzeitigen Mediensätze durch die mit unfreier Firmware zu ersetzen, sondern diese zusätzlich anzubieten. Abbilder, die unfreie Firmware enthalten, werden prominenter präsentiert, sodass Neulinge sie leichter finden können; vollständig freie Images werden nicht versteckt; sie werden von denselben Projektseiten verlinkt, aber mit weniger visueller Priorität.
  • Vorschlag C von Bart Martens: Dieser Vorschlag verwässert den Ansatz zu einer unverbindlichen Kann-Bestimmung: Das Debian-Projekt kann Distributionsmedien, die Pakete aus dem unfreien Teil des Debian-Archivs enthalten, neben den freien Medien zum Download bereitzustellen, und zwar so, dass der Benutzer vor dem Herunterladen darüber informiert wird, welche der Abbilder auf freie Software beschränkt sind.
  • Vorschlag D von Simon Josefsson: Dieser Vorschlag lehnt unfreie Software in Debian kategorisch ab und will sie weder im Hauptarchiv noch im Installer, Live, in der Cloud oder anderen offiziellen Images sehen und lehnt auch die standardmäßige Aktivierung von Repositories mit solcher Firmware ab. Die Unterstützer dieses Vorschlags berufen sich auf die Paragrafen 1 und 5 des Debian Social Contract. Paragraph 1 beginnt mit dem Satz »Debian wird zu 100% frei bleiben«. Die Unterstützer akzeptieren jedoch die Verwendung von inoffiziellen Medien mit unfreier Firmware außerhalb Debians.
  • Vorschlag E von Russ Allbery: Der Vorschlag von Debian-Urgestein Russ Allbery zielt in die entgegengesetzte Richtung, nämlich auf eine zeitgemäße Anpassung des Debian Social Contract. Da es sich um eine Änderung an einem Gründungsdokument handelt, ist hierfür eine 3:1 Mehrheit vonnöten. Der Debian-Gesellschaftsvertrag soll demnach durch eine neue Version ersetzt werden, die in jeder Hinsicht mit der aktuellen Version identisch ist, mit der Ausnahme, dass sie den folgenden Satz am Ende von Punkt 5 hinzufügt: Die offiziellen Debian-Medien können Firmware enthalten, die sonst nicht Teil des Debian-Systems ist, um die Verwendung von Debian mit Hardware zu ermöglichen, die solche Firmware benötigt. Ansonsten wird Vorschlag A unterstützt.
  • Vorschlag F von Holger Levsen: Dieser Vorschlag übernimmt die vorgesehene Änderung von Vorschlag E, plädiert ansonsten aber für zwei offizielle getrennte Installer-Medien wie in vorschlag B. Auch hier ist eine 3:1 Mehrheit nötig.

Die Optionen A,B und C entsprechen den ursprünglich zur Diskussion gestellten drei Vorschlägen, D, E, und F sind neu hinzugekommen. Da es ein hochemotionales Thema ist, rechne ich mit einer relativ hohen Wahlbeteiligung. Meine Wahl wäre ganz klar Vorschlag E, ersatzweise F.

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