Red Hat und IBM

Gewinner und Verlierer nach Red Hats Coup

Red Hat hat letzte Woche mitgeteilt, dass künftig SRPM-Pakete nicht mehr auf git.centos.org verteilt werden. Man wird ab sofort den Quellcode für RHEL RPMs nur noch über das Kundenportal freigeben. Wir haben vor einigen Tagen darüber berichtet.

Wer die Verlierer dieser Entscheidung sind, ist schnell klar: Betroffen sind Distributionen, die bisher, so wie CentOS oder Scientific Linux früher, bitgenaue Kopien von RHEL veröffentlicht haben. Zu nennen sind hier vorrangig AlmaLinux, Rocky Linux und Oracle Linux.

Neue Quellen gesucht

AlmaLinux und Rocky Linux entstanden erst, nachdem Red Hat Ende 2020 die Einstellung von CentOS zugunsten des neuen CentOS Stream beschlossen hatte. Ihre Existenz ist nun gefährdet, denn sie müssen neue Quellen für die RPM-Pakete finden, die RHEL ausmachen. Dabei ist CentOS Stream keine Hilfe, denn dort liegt nicht RHEL als endgültiges Produkt, sondern eher Alpha- und Beta-Versionen. Das würde Alma und Rocky von einem RHEL-Downstream zu einem Upstream machen, was nicht dem Konzept dieser Distributionen entspricht.

Beide Projekte versichern, dass es kurzfristig keine Probleme etwa mit Security-Updates geben und die volle Lebensdauer der Unterstützung für Rocky 8 und 9 aufrechterhalten wird. Für die Zukunft will man gemeinsam Wege finden, Enterprise Linux auch bitgenau und kostenfrei zur Verfügung zu stellen. Wie Oracle in der Sache verfahren wird, ist nicht bekannt. Klar ist, dass Larry Ellison mit seinem Geld und seiner Marktmacht andere Möglichkeiten hat als Alma und Rocky.

Von dem Ganzen unbeeindruckt verbleibt Fedora, deren Linux von den Änderungen nicht betroffen ist. Aber auch hier sollte man sich Gedanken machen, dass der IBM-Sparkurs künftig Schneisen schlagen könnte.

Wer sind die Gewinner?

Da es sich bei RHEL in erster Linie um ein Server-Betriebssystem handelt, sind die potenziellen Gewinner in dieser Reihenfolge Canonical, SUSE Linux Enterprise Server (SLES), und Debian. Ich sehe Canonical vor SUSE, da SUSE mit ALP derzeit keinen klaren Kurs fährt, auch wenn auf der SUSECon 2023 verkündet wurde, dass es neben einem Immutable-SLES auch weiterhin eine RPM-basierte Version geben soll.

Richard Brown bemühte sich auf Twitter nach Kräften, Suse ins Spiel zu bringen.

Von RPM zu Snap oder DEB?

Canonical CEO Mark Shuttleworth ergriff bereits 2018 beim Verkauf von Red Hat an IBM die Gelegenheit, Ubuntu als Server- und Cloud-Betriebssystem zu positionieren. Noch kann ich keine werbliche Stellungnahme zur jetzigen Situation von Canonical entdecken, aber der Staub hat sich auch noch nicht gelegt. Ein möglicher Hinderungsgrund für einen Wechsel von Red Hat zu Canonical ist die Möglichkeit, dass auch Canonical übernommen wird. Microsoft als möglicher Käufer taucht immer mal wieder gerüchteweise auf. Hier wäre vermutlich Debian die sicherere Bank. Langzeitsupport gibt es auch dort, auch wenn weiterer professioneller Support nicht direkt durch die Distribution gewährleistet wird.

Aber auch Red Hat könnte zu den Gewinnern zählen, wenn sie es schaffen, bisherige Nutzer der Klone zu zahlenden Kunden zu machen. Das dürfte aber nur bei eingefleischten RHEL-Fans gelingen. Auf jeden Fall bleibt es spannend.

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