Dass Firefox seit Jahren User verliert und Chrome immer mehr Marktanteil gewinnt, ist bekannt. Die Statistik von Statcounter sieht Chrome im Juli bei 65,4 %, während Firefox bei 2,7 % dahindümpelt. Das entspricht immer noch über 300 Millionen Anwendern. Seit 2020 verlor Mozilla aber weltweit mehr als 50 Millionen monatlich aktive User (monthly active users. MAU).
Überwiegend hausgemacht
Das Debakel hat viele Gründe, von denen die meisten von Mozilla zu verantworten sind. Viele Anwender kritisieren die zu hohen Gehälter, die sich die Vorstände zuschanzen. Die Mozilla Foundation trifft zudem eine Menge schlechter Entscheidungen oder verkauft an sich gute Entscheidungen schlecht. Zu letzteren gehört meiner Meinung nach die mit Firefox 128 vorgestellte Privacy Preserving Attribution (PPA), womit Mozilla eine Alternative zum User-Tracking etablieren möchte. Ein weiterer Grund ist vermutlich, dass Chrome überall beworben wird, sobald man Fuß in Googles Umfeld setzt.
Google ist ein Monopolist
Als wenn das nicht bereits genug Probleme wären, wirft ein vom US-Justizministerium gegen Google geführtes Kartellrechtsverfahren dunkle Schatten nicht nur auf Mozillas Zukunft. Anfang August erklärte ein Richter nach jahrelangem Prozess Alphabet, Googles Mutterkonzern zum Monopolisten. Es ging in dem Verfahren um die von Google mit Apple, Samsung, Mozilla und anderen Unternehmen geschlossenen Verträge, die Googles Suchmaschine zur Standardeinstellung in den Browsern der genannten Unternehmen machen. Die härteste Folge aus diesem Urteil könnte die Zerschlagung von Google in einzelne Teile sein. Fällt das Urteil milder aus, so beinhaltet es mit Sicherheit ein Verbot oder eine Einschränkung dieser Art von Exklusivverträgen, die der Hauptgegenstand des Verfahrens waren.
Probleme für Mozilla
Der Löwenanteil der von Google gezahlten Provisionen geht an Apple, die Rede ist von 20 Milliarden US-Dollar pro Jahr. Ein Wegfall würde Apple hart treffen, aber das Unternehmen ist diversifiziert genug, um einen solchen Aderlass zu überleben. Gleiches gilt für Samsung. Bei Mozilla sieht das dagegen ganz anders aus.
Laut dem Finanzbericht der Mozilla Foundation für das Jahr 2022 stammen 510 MIO. der Gesamteinnahmen von 593 MIO. US-Dollar aus Googles Portokasse. Würde diese Summe plötzlich wegfallen, wäre dass das Ende von Mozilla, wie wir es kennen. Das bedeutet natürlich nicht automatisch das Ende von Firefox, denn der Code ist Open Source. Auch ist eine Entscheidung nicht in greifbarer Nähe, da Google mit Sicherheit eine Revision anstrebt.
“Wir prüfen die Entscheidung des Gerichts genau und überlegen, welche Auswirkungen sie auf Mozilla haben könnte und wie wir die nächsten Schritte positiv beeinflussen können…”
Mozillas erste Reaktion
Weiter ohne Mozilla?
Allerdings ist die Entwicklung und vor allem die Pflege und Absicherung eines unabhängigen Browsers eine Aufgabe, die ein großes Team und eine Menge Geld voraussetzt. Meiner unmaßgeblichen Schätzung nach würde vermutlich der zehnte Teil des jetzigen Budgets ausreichen, aber auch das ist eine gewaltige Summe für ein Projekt, das nicht diversifiziert ist und aus seinem einzigen Produkt keine direkten Einnahmen generiert.
Viele Kritiker von Mozilla wären vermutlich nicht böse, wenn Mozilla in seiner jetzigen Form nicht mehr haltbar ist. Es bestünde immerhin die Hoffnung, dass fähige Entwickler von Firefox das Geld finden, um den Browser zunächst am Leben zu erhalten. Auf Dauer müsste aber ein tragfähiges Finanzierungskonzept her. Meine Idee wäre ein Subskriptionsmodell, bei dem Anwender Beträge zwischen einem und fünf Dollar pro Monat für einen unabhängigen, möglichst sicheren und die Privatsphäre schützenden Browser zahlen.
Alternativen weit entfernt
Ein weiterer unabhängiger Browser ist mit Ladybird in der Entwicklung, aber in einer produktiv nutzbaren Version noch einige Jahre entfernt. Ist der Fortbestand von Firefox für euch wichtig? Wenn ja, wärt ihr bereit, für Firefox einen Obolus monatlich zu zahlen?