Im Juni erschütterte Red Hat die Linux-Welt mit der Ankündigung, den Quellcode für RHEL nicht mehr öffentlich auf git.centos.org bereitstellen zu wollen, sondern nur noch für zahlende Kunden über das Kundenportal freizugeben. Das setzt Distributionen wie AlmaLinux, Rocky Linux oder Oracle Linux unter Druck, die bisher die Quellen genutzt hatten, um binär-kompatible Distributionen zusammenzustellen und frei verfügbar zu machen.
Cleveres SUSE-Marketing
Im Nachgang erklärte SUSE, ins gleiche Boot zu steigen und ebenfalls einen RHEL-Klon zu erarbeiten und dafür 10 Millionen US-Dollar in die Hand zu nehmen. Kurz darauf wurde die Gründung der Open Enterprise Linux Association bekannt gegeben, an der sich neben SUSE auch Oracle und CIQ als Sponsor von Rocky Linux beteiligen.
Eigene Wege
Nicht dabei ist AlmaLinux, die es bevorzugen, eigene Wege zu gehen. Im Juli kündigte das Projekt an, die 1:1-Kompatibilität zu RHEL zugunsten einer ABI-Kompatibilität aufzugeben. ABI-Kompatibilität (Application Binary Interface) bedeutet in dem Fall, dass AlmaLinux dafür Sorge trägt, dass Anwendungen, die für RHEL oder RHEL-Klone entwickelt wurden, problemlos auf AlmaLinux laufen können. Unklar blieb damals, welche Quellen dazu genutzt werden sollten.
Zwei neue Repositories
Aufklärung bringt die aktuelle Ankündigung von der Einführung zweier neuer Repositories namens Testing und Synergy. Diese sind ab sofort für Alma Linux 8 und 9 verfügbar. Das Testing-Repository enthält Sicherheitsupdates, die AlmaLinux nun freigeben kann, ohne darauf zu warten, dass die Patches von Upstream veröffentlicht werden. Da diese Pakete vor der Freigabe weitere Tests benötigen, ist die Community gefordert, sie zu testen und Feedback zu geben.
Das Synergy-Repository ist für alle möglichen Pakete gedacht, die bisher nicht in RHEL oder EPEL vorhanden sind, aber von einem Mitglied der AlmaLinux-Community zur Inkludierung vorgeschlagen wurden. Entsprechende Pakete werden wieder aus dem Synergy-Repository entfernt, sollten sie in EPEL aufgenommen werden. Darüber hinaus kann dieses Repository auch für andere Distributionen im Enterprise Linux-Ecosystem wie RHEL oder CentOS aktiviert werden.
Wie die beiden Repositories eingebunden werden, ist der Ankündigung zu entnehmen. Anwender, die Synergy aktivieren, sollten wissen, dass sie damit gleichzeitig auch die Repositories EPEL und PowerTools/CRB aktivieren.